BerufsorientierungNachhaltigkeit

Ängste nehmen und Zukunft stärken: der Korczakladen aus Halle

An der Förderschule „Janusz Korczak“ in Halle/Saale lernen Schüler:innen mit Förderbedarf im Bereich soziale und emotionale Entwicklung. Für sie sind feste Strukturen und die persönliche Bindung zu ihren Lehrkräften besonders wichtig. Das stellt sie bei der schulischen Berufsorientierung vor große Herausforderungen. Vielen Schüler:innen fällt es schwer, überhaupt erstmal einen Praktikumsplatz zu finden, und, wenn diese erste große Hürde genommen ist, das Praktikum durchzuhalten. Nicht selten kommt es vor, dass die Jugendlichen nach ein paar Tagen schon die Unternehmen verlassen und in den Unterricht zurückkehren. Für die stellvertretende Schulleiterin Maria Schmidt entspricht das nicht dem Sinne der Berufsorientierung, weshalb sie im August 2022 mit ihrer Kollegin Tina Seimel die Schüler:innenfirma Korczakladen gründete.

Frau Seimel hatte schon länger mit ihrer neunten Klasse festes Spülmittel und Shampoo hergestellt, bevor die Idee zur Gründung der Schüler:innenfirma kam. Die beiden Lehrkräfte merkten schnell, dass bei der Herstellung dieser Produkte viele Kompetenzen aus dem Lehrplan vermittelt werden konnten. Um die Schüler:innenfirma auf den Weg zu bringen, brauchte es zunächst die Unterstützung der Schulleitung – und eine Anschubfinanzierung, um Materialien und Werkzeuge zu kaufen, wie Frau Schmidt betont. Die bekam die Schule von einer lokalen Bank. Zuletzt suchten sich die beiden Lehrerinnen interessierte Schüler:innen, die Lust hatten mitzumachen. Heute besteht die Schüler:innenfirma aus einem Kernteam von vier Schüler:innen und bis zu drei wechselnden Mitarbeiter:innen.

Die Schüler:innenfirma als Instrument der Berufsorientierung

Seit seiner Gründung ist der Korczakladen ein wichtiges Instrument der beruflichen Orientierung an der Janusz-Korczak-Schule. Das Land Sachsen-Anhalt hat vor ein paar Jahren für alle Sekundarschulen die Praxislerntage als eine Form des dualen Lernens eingeführt. Im Rahmen des Modellprojekts sollen Schüler:innen der achten und neunten Klassen unterrichtsbegleitend ein Unternehmen besuchen. An der Janusz-Korczak-Schule können Schüler:innen einen solchen Praxislerntag in der Schüler:innenfirma absolvieren, wenn sie kein für sich passendes Unternehmen finden. Auch ein längeres Praktikum im Korczakladen ist möglich. Dafür gibt es dann eine schriftliche Bestätigung, die für die Bewerbungsunterlagen genutzt werden kann.

Mehr zum Praxistag finden Sie in der Handreichung der Berliner Schüler Unternehmen „Schüler:innenfirmen im Unterricht umsetzen“.

Neben dem Erlernen praktischer Tätigkeiten erlangen die Jugendlichen in der Schüler:innenfirma Einblick in verschiedene Berufsfelder, in denen sie sich ausprobieren können. Deshalb ist es den beiden pädagogischen Begleitkräften so wichtig, ein breites Spektrum an Produkten anzubieten. Die Anschaffung von Nähmaschinen Anfang 2023 ermöglichte es, Geschenktücher, Buchumschläge und vieles mehr herzustellen. Als nächstes soll ein 3D-Drucker dazukommen, um die Schüler:innen in digitale Herstellungsverfahren einzuführen. Um diesen und das dazugehörige Material zu finanzieren, erhält die Schule Fördergelder aus dem Innovationsfonds von Startup Zukunft.

Unternehmenskooperationen als Chance

Unterstützt werden sie bei der Auswahl des passenden Modells und seiner Nutzung durch Kilian von TinkerToys, einem in Magdeburg und Leipzig ansässigen Unternehmen, das eine niedrigschwellige 3D-Konstruktionssoftware für Bildungseinrichtungen entwickelt. Kilian ist technischer Produktdesigner im Bereich 3D-Druck; durch seine Begleitung bei der Umsetzung des Projekts bekommen die Schüler:innen der Korczakschule die Möglichkeit, neben den üblichen Berufsbildern, die in Schulen im Rahmen der Berufsorientierung vermittelt werden, einen spannenden Zukunftsberuf kennenzulernen. Darüber hinaus können sich aus solchen Unternehmenskooperationen Chancen auf Praktikumsplätze für Schüler:innen ergeben.

Frau Schmidt ist jedenfalls überzeugt, dass die Arbeit im Korczakladen die Förderschüler:innen gut auf den Einstieg in das Berufsleben vorbereitet. In der Schüler:innenfirma erleben sie oftmals eher als im Fachunterricht, dass sie etwas können, und das stärkt das Selbstbewusstsein der jungen Menschen. Außerdem bekommen sie einen ersten Einblick in Arbeitsabläufe, die es ähnlich auch in richtigen Unternehmen gibt. Dadurch werden den Schüler:innen zusätzlich Ängste genommen. So können die Jugendlichen in der Schüler:innenfirma sowohl praktische Kompetenzen und Selbstwert erlernen, als auch wichtige Erfahrungen sammeln, die sie in ihr späteres Berufsleben mitnehmen können.

Lesen Sie auch die neue DKJS-Publikation zum Thema Übergang Schule – Beruf: „Die Übersehenen am Übergang in die Ausbildung“.